Niula N° 747
Die ehemalige Leban Werft in Jois am Neusiedler See hat sich unter neuem Eigentümer auf die Entwicklung besonderer Elektro-Motorboote spezialisiert
Niula Boats? Kennt man eher nicht. Sollte man aber, denn es handelt sich dabei um eine heimische, in Jois am Neusiedler See gelegene Werft mit interessanter Vergangenheit und spannender Zukunft. Gegründet wurde sie 1952 von Josef Leban, 1972 erfolgte die Übernahme durch den Sohn, zur Jahrtausendwende folgte Enkel Helmut Leban nach. Im Programm hatte man Elektro- und Segelboote, legendär und bis heute am Neusiedler See anzutreffen sind die von Leban entwickelten Kajütkreuzer NK 20 und SK 20. Ersterer war als Segelschul- und Charterboot konzipiert, der sportliche Kollege wurde primär von Privatpersonen gekauft. In den 1970ern setzte man gemeinsam mit Gerhard Schein ein ebenso außergewöhnliches wie erfolgreiches Projekt um: Der Steirer, der mittlerweile in Südafrika eine Kat-Werft betreibt, ließ die von ihm gezeichnete, sehr gut segelnde Styria 26, in Jois fertigen. Der Bau von Sportbooten war aber nur ein Standbein der Leban-Werft. Als wichtigerer, weit lukrativerer Geschäftszweig erwies sich der Formenbau für die Marineindustrie, gefertigt wurden beispielsweise Karbon-Großbauteile mit bis zu 40 Meter Länge. Auch diverse Spezialaufträge zog man an Land, etwa die Beschichtung des Unterwasserbereichs der schnellen Twincity-Liner, die zwischen Wien und Bratislava verkehren, mit Kevlar. Das Material, das auch für Schusswesten verwendet wird, schützt die Alu-Rümpfe im Fall einer Kollision mit Treibgut.
2015 ließ ein gewisser Thomas Benczak bei Helmut Leban auf Basis des Styria 26 einen Elektro-Katamaran bauen. Dabei sollte es nicht bleiben: Benczak, der in Gols eine Schlosserei besitzt, und auf Sondermaschinenbauteile für die Lebensmittelindustrie sowie Weinkellerei-Ausstattungen spezialisiert ist und den Bootsbau leidenschaftlich liebt, erschuf er 2017 einen Ultraleicht-Kat aus Aluminium, der nur 380 kg wiegt und von zwei 10-kW-Motoren angetrieben wird. Als sich herausstellte, dass Sohn Lukas im väterlichen Hobby ebenso Erfüllung fand, kauften die Benczaks im Vorjahr die Werft und benannten sie in Niula Boats um; mit Helmut Leban arbeiten sie nach wie vor eng zusammen.
Weise Voraussicht
Lukas Benczak brachte den Elan der Jugend sowie frischen Wind in die Werfthallen. Er wollte ein Elektroboot entwickeln, das mit möglichst schwacher Motorisierung ins Gleiten kommt. Das ist einerseits gut für die Umwelt, andererseits ein kluger Schachzug, falls am Neusiedler See die erlaubte Motorisierung irgendwann limitiert werden sollte. Die Entwicklung eines dafür passenden Unterwasserschiffes ist keine leichte Aufgabe und war somit ein Fall für Helmut Leban. Der hat seinerzeit mit Brenta Yachtdesign und DI Richard Anzböck im Schlepptank der Schiffbau-Versuchsanstalt in Wien diverse Kielformen entwickelt und kennt sich mit Strömungstechnik bestens aus – Wissen, das er in die Entwicklung des N° 747 einfließen ließ. Für das Innen- und Außendesign zeichnet Lukas Benczak verantwortlich, der dabei ein feines Gespür für klare Linien und reduzierte Formensprache bewies. Augenscheinliches Beispiel dafür ist das Zweispeichen-Niro-Lenkrad, das in der eigenen Schlosserei in Gols gefertigt wird.
Um überprüfen zu können, ob die hoch gesteckten Ziele bezüglich Angleitverhalten und Fahrleistung erreicht wurden, zimmerte man im Positivbau einen Prototypen aus Holz und GfK und bestückte diesen mit einem 13-kW-Motor. Das Ergebnis der Testfahrten war höchst zufriedenstellend: Obwohl dieses Boot viel schwerer war, als es die im Vakuum-Infusionsverfahren aus Sandwich-GfK laminierten Serienboote sein würden, kam man damit tatsächlich ins Gleiten.
Prinzipiell könnte das N° 747 mit Motoren zwischen 4 und 150 kW ausgestattet werden, ideal sind laut Leban und Benczak 10 bis 20 kW.