Perlen der Venus
Der Monte Argentario hat seinen Namen nicht von ungefähr, die Tyrrhenischen Inseln bieten nicht nur Superreichen ein angenehmes Leben und im Toskanischen Archipel muss sich nicht jeder Törn um Elba drehen
Der Monte Argentario ist eine skurrile Halbinsel, die vor 300 Jahren zu Österreich gehörte. Sie deshalb als ein Stück Heimat zu bezeichnen, wäre aber vermessen. Nicht nur Österreicher, auch Deutsche, Franzosen und Engländer scheinen den Landstrich aus den Augen verloren zu haben. Man wird den Eindruck nicht los, dass die Italiener das Revier vor den großen Tourismus-Agenturen bewusst geheim halten. Hat vielleicht mit dem Einfluss jener vermögender Zweitwohnbesitzer zu tun, die hier in feudalen, von hohen Zäunen geschützten Villen residieren; internationale Rock-, Fußball- und Filmstars, aber auch zahlreiche europäische Spitzenpolitiker und andere Prominente. Prominent war auch die römische Familie Domitii Ahenobarbi. Sie durfte dieses Kleinod 200 Jahre vor Christi Geburt in Besitz nehmen, weil sie den zweiten Punischen Krieg finanziert hatte. Argentarii heißt Darlehensgeber oder Silber-Besitzer – daher der Name des Gebirges, der auch in der Gegenwart durchaus treffend erscheint.
In der Antike war Argentario eine Insel, doch die Natur baute mit Hilfe des Schlamms aus dem Fluss Albegna zwei Dämme zum Festland. Beide sind heute befestigt, auf einem verläuft eine Straße, auf dem anderen ein Rad- und Fußweg. Dazwischen liegt die Lagune von Orbetello, die größtenteils ein Naturschutzgebiet ist. Vom höchsten Berg aus, dem Monte Telegrafo (635 m), kann man dieses Kunstwerk der Natur am besten besichtigen. Vorausgesetzt, man findet durch dichte Macchia und naturbelassene Pinienwälder einen Weg nach oben. Mit dem Boot kann man das Gebirgsmassiv nicht umrunden, auch mit dem Auto schafft man das kaum. Die asphaltierten Abschnitte sind nur durch steile, schmale Pisten verbunden, die mit ihren unzähligen Schlaglöchern den Eindruck einer rauen See vermitteln. Mit einer Motocross-Maschine hingegen … Sorry, falsches Magazin.
Apropos raue See. Ja, trifft zu in diesem Revier, zumindest an der Westseite des Monte Argentario, wo die kurzen, ruppigen Wellen oft gar nicht zur Windstärke passen. Das Gebiet im Windschatten der Insel Giglio wirkt hingegen wie ein großer Binnensee. Guter, konstanter Segelwind, fast keine Welle. Ergo ein sehr beliebtes Fleckerl zum Regattieren. Mitte Juni findet hier die Argentario Sailing Week statt, eine Veranstaltung im Rahmen der Panerai Classic Yachts Challenge. Wer für segelnde Oldtimer etwas übrig hat, wird überwältigt sein von der Vielfalt und Pracht der schönsten und teuersten historischen Rennyachten der Welt. Überwältigend ist auch die Landschaft, über die der Yachtie leicht ins Schwärmen kommt: Steineichen und Ginster über romantischen Buchten auf bizarren Felsen, schroffen Kaps und vorgelagerten Felsinseln, dazu der betörende Duft von Zitronenmacchia und Oleander. Was will man mehr.
Zwei Hauptorte buhlen auf Argentario um die Gunst der Gäste, Porto Santo Stefano und Porto Ercole. Ihre Bewohner streiten seit Anbeginn der Zeiten darum, welches Städtchen wohl die wahre Perle der toskanischen Küste sei. Die Stadtmauern stammen da wie dort aus der Zeit der spanischen Besatzung. Von manchen Wachtürmen ist der Blick auf die Nachbarinseln Giglio und Giannutri hervorragend, bei gutem Wetter kommen auch Elba und Montecristo ins Blickfeld. Bei besonders klarer Sicht kann man sogar Korsika erahnen. Und damit ist auch das per Segelboot leicht erreichbare Gebiet im Groben abgesteckt.
Lohnende Ziele
Die Marina di Cala Galera im Südosten der Halbinsel wurde Anfang der 1970er Jahre als einer der ersten privaten Häfen Italiens errichtet. Heute bietet sie 800 Yachten bis zu 50 Metern Länge Platz, etwa 80 Plätze sind für Gäste reserviert. Die Festung Forte Filippo dient als perfekte Ansteuerungshilfe. In der Nacht ist der Hafen gut befeuert. Bei Wassertiefen von 3 bis 7 Metern ist auch das Anlegen meist problemlos, zumal jeder Neuankömmling von einem Marinero mit Motorboot erwartet wird, der ihm einen Liegeplatz zuweist und beim Anlegen hilft. Die Marina ist gegen Schwell gut geschützt, die Infrastruktur nicht nur ausreichend, sondern geradezu nobel. Sanitäranlagen, Werkstatt, Kran, Tankstelle, Supermarkt, Bank und Arzt erstrecken sich im Schatten einiger Eukalyptusbäume, darüber weht die Blaue Flagge, eine Auszeichnung für besonderes Engagement für den Umweltschutz.
Ist die Marina überfüllt (was in der Hochsaison nicht selten der Fall ist), kann man bei ablandigem Wind im Norden vor der Sandbarke der Lagune von Orbetello ankern und sich bei sanft ansteigendem Grund sein Lieblingsplatzerl aussuchen.